Homosexualität ist keine Krankheit

 

Von Steffen Batz, Kanonikus-Kir-Realschule Plus und FOS Mainz, Klasse 12

 

Hätte man mich vor drei Jahren gefragt, ob ich schwul wäre, hätte ich mit einem empörten „Nein“ geantwortet. Ich wollte es nicht wahrhaben, habe mich lange dagegen gewehrt. Bis ich dann irgendwann beim Lernen für eine Mathearbeit damit herausplatzte und von einer Freundin eine – Na und, dann ist das halt so – Reaktion bekam. Nach dieser echt gelassenen Antwort gehe ich bis heute locker mit dem Thema um und beantworte auch längere Zeit Fragen von Menschen, denen das leider immer noch nicht so ganz bekannt ist.

Doch was ich bei einer Jugenddeligierten-Versammlung der evangelischen Jugend in Hessen und Nassau als Kommentar zu hören bekam, verschlug mir prompt die Sprache. Beim Abendausklang saßen wir zu sechst zusammen und redeten über Gott und die Welt. Spät am Abend kamen wir auch zum Thema Homosexualität. Selbstsicher bejahte ich die Frage, ob ich schwul wäre. Nach viel Lob, welches ich für das Outing erhielt, sah ich beschämt zu Boden, was eine kurze Pause hervorrief. Diese Pause nutzte Martin wohl aus und sprach den so schockierenden Satz: „Ich glaube, dass Homosexualität eine Krankheit ist.“ Die Pause, die jetzt folgte, war deutlich länger. Katrin tat wohl das einzig richtige, als sie aufsprang und ihn zusammenschrie, was das denn sollte und er sich mal klar machen müsse, in welchem Jahrhundert er lebe. Johannes sprang ebenfalls auf und argumentierte mit der Entstehungsgeschichte der Bibel. „In der Bibel steht, dass Homosexualität etwas Falsches ist. Gott schuf Mann und Frau, machte sie zur fruchtbaren Einheit und deshalb ist alles was dagegen ist, nicht richtig.“

Damit traf er alle Beteiligten noch einmal in der Magengrube. Da rechtfertigte jemand seine Aussage mit einem Text aus der Bibel, ohne ihn richtig zu kennen. Ein wahrlich schwaches Argument. In der Entstehungsgeschichte geht es darum, dass Gott Vielfalt schafft und dass der springende Punkt nicht ist, ob man als Mann oder Frau geboren wird, sondern dass Gott den Menschen zu seinem Ebenbild macht und ihm den Auftrag gibt, die Erde zu versorgen. Die Frage ist also nicht wer oder was erschaffen wurde, dies ist nur die Erzählweise.

Jeder, der versucht mit der Bibel gegen Homosexualität oder andere sexuellen Richtungen zu argumentieren, muss hierbei aufpassen. Ich kann nämlich auch mit Bibeltextstellen dagegen argumentieren, wie zum Beispiel mit dem 1. Sam. 17, 55 – 18.4 in dem es um die liebenden Jonathan und David geht.

Wenn man sich also auf die Bibel beruft, dann sollte man auch zwischen den Zeilen lesen. Aber vor allem sollte man immer daran denken, dass die Bibel mehrfach übersetzt und immer wieder neu interpretiert wurde. Die Bibel steht auch nicht über dem Gesetzbuch von Deutschland. Artikel Eins des Grundgesetztes sagt klar und deutlich, dass die Würde des Menschen unantastbar sei. Wenn ich also jemanden als krankhaft bezeichne, nur weil er eine andere Sexualität als ich hat, dann ist dies nicht nur rechtlich sondern auch menschlich nicht in Ordnung. Die einfachste Lösung wäre, Fragen zu stellen, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Ihr müsst keine Angst haben, wir beantworten euch die Fragen so gut wie wir können und sind euch deshalb nicht böse!

Wir alle sind dazu aufgefordert, den Menschen, die genauso denken wie Johannes, zu zeigen, dass alle, egal wie sie sind, Wunder der Natur und Gottes einzigartige Schöpfung sind. Der Kampf gegen Homophobie ist leider noch nicht zu Ende!