Am schlimmsten ist die Einsamkeit

 

Von Dominic Hessel, Willigis Gymnasium Mainz, Klasse 8

Wie Senioren die Pandemie erleben

Herr Mayer (Name von der Redaktion geändert) hat schon vieles miterlebt in seinen mittlerweile 80 Jahren: Das Hungern mit seiner Familie nach dem 2. Weltkrieg, die Armut in dieser Zeit, die Ungewissheit über die Zukunft und noch viel mehr. Was Herr Mayer aber noch nie erlebt hat, ist eine Pandemie, ein kleiner Virus, der ihn und viele andere in Einsamkeit versetzen wird.

Wie wir alle hat Herr Mayer Ende Januar 2020 von dem Virus Corona gehört, aber niemals damit gerechnet, dass dieser Virus ihn und allgemein die ganze Welt in so einen Ausnahmezustand versetzen wird, wie wir ihn jetzt gerade erleben. Zu glauben, dass der Virus in Deutschland wenig Einfluss haben, änderte sich schnell, als die erste Welle große Einschränkungen für den Alltag bedeutete.

Herr Mayer ist ein verwitweter Großvater, der 2013 seine Frau verlor, der 30 Minuten entfernt von einem Teil seiner Familie (sein Sohn mit Frau und zwei Kindern) wohnt, der auch eine Tochter, zwei Enkeltöchter und vier Urenkel in den USA hat. In der ersten Welle war es für ihn am schlimmsten, seine in Deutschland lebende Familie, die er sehr regelmäßig besuchte, nicht mehr zu sehen. Genauso wie seinen recht großen Freundeskreis. Herr Mayer verbrachte plötzlich seine Tage nur noch zuhause, ganz  alleine in seiner Wohnung. Die Freunde, vor allem die Enkel nur noch durch die Lautsprecher des Handys oder des Computers zu hören, sie manchmal mit Bild zu sehen, das war hart für den Großvater, der sich selbst als Familienmensch bezeichnet.

Als sich die Lage in Deutschland etwas lockerte und er die Familie wenigstens draußen im Freien treffen konnte, war das schon ein Riesenfortschritt, doch die Einsamkeit blieb, weil diese Treffen nur selten stattfinden konnten. „Ja, das war das Schlimmste. Die Einsamkeit“, erinnert sich Mayer.

Nun sind wir also schon in der dritten Welle und Herr Mayer ist in die Nähe seiner Familie gezogen. Nur noch wenige Minuten zu Fuß und er kann mit seinen Enkeln persönlich sprechen. Das alleine tat ihm schon sehr gut. Allerdings gab es Problem: Sein 80. Geburtstag näherte sich. Herrn Mayer war sofort klar, dass er diesen Geburtstag nicht wie in seiner Vorstellung feiern kann. Das große Fest mit allen seinen Freunden, mit seiner Familie war nicht möglich, die Corona-Einschränkungen ließen es nicht zu.

Der Rentner richtete sogenannte „Timeslots“ ein, damit sich die Gäste nicht in seiner Wohnung über den Weg laufen konnten. „Es war so. Ich habe mit meinen Freunden und der Familie die Uhrzeiten ausgemacht, wann sie kommen können. Die jeweiligen Gäste hatten immer zwei Stunden, um mit mir ein bisschen zu feiern. Ich habe natürlich darauf geachtet, dass immer mindestens 15 Minuten zwischen den Besuchen lagen. Ich habe dann auch immer gelüftet,“ erzählte Herr Mayer, der vor seinem Geburtstag  auch extra noch einen Corona-Test gemacht hat, der zu seiner großen Freue negativ war. Das Essen mit der Familie um die Mittagszeit hatte er bei einem griechischen Restaurant in der Nähe bestellt und mit einem seiner Enkel selbst abgeholt.

Müde, aber durchaus zufrieden verabschiedete der nun 80-Jährige am Abend die letzten Gäste. „Es war kein schlechter Geburtstag. Den Umständen entsprechend, war es ein sogar ein schöner Geburtstag,“ fasst Herr Mayer diesen außergewöhnlichen Tag zusammen. „Wichtig ist, dass wir alle durchhalten, dass wir uns an die Regeln halten. Das hat bei mir ja sogar am Geburtstag gut funktioniert.“